Lilli in Indien – Das Mumbai-Mosaik

von Stadtmenschen und Straßenkindern

In Mumbai leben ungefähr 21 Millionen Menschen. Es ist eine riesige Stadt! Schillernd, facettenreich und durchzogen mit Kontrasten, die ganze Slums neben Luxushotels entstehen lassen. Die Menschen sehen aus als könnten sie sich nicht entscheiden, ob sie lieber das traditionelle Indien oder den modernen Westen wollen.

Doch für mich, die die letzten Monate in der tiefsten Provinz, in einem Dorf mit dem unaussprechlichen Namen Papinayakanahalli, verbracht hat, war es zu Anfang einfach nur eine gigantische Megacity. Ganz klein kam ich mir vor, zwischen Menschen, Taxis und Gebäuden, die schon beim Anschauen Geschichten erzählen von einer verfallenen, längst vergangenen Kolonialzeit.
Die Vorstellung ein kleiner, unbedeutender Neumumbaikaner zu werden, hat mir erst ein wenig Angst gemacht. Ich sah mich schon orientierungslos in der Megacity kollabieren.

Als die Briten im 17. Jahrhundert in den Besitz des, einst für handelsunpassend erklärten, Ortes kamen, machten sie dir Stadt kurzerhand zur Schutzfestung: eine Rettung vor Piraten, Plünderern und Dieben. Bombay Presidency wurde sie getauft und zog, aufgrund ihrer geschützten Lage zwischen Bergen und Meer, immer mehr Händler an.
Aus dem Zufluchtsörtchen Bombay Presidency wurde dann jedoch schnell die Handelsstadt Bombay, die sich 1981 wiederum in die Metropole Mumbai verwandelte, von der es heute heißt ihre Straßen seien mit Gold gepflastert. Jeden Tag kommen unzählige arbeitsuchende Ländler in die Millionencity, auf der Suche nach Glanz, Gold und Glück.

Zwar habe ich weder Gold noch Glanz gefunden aber rückblickend kann ich sagen, dass die Stadt, nachdem ich mich erst einmal grob zurechtgefunden hatte, unglaublich fesselnd ist. Jeden Tag zeigt sie sich von einer anderen Seite: bezaubernd und verstörend, indisch und westlich, arm und reich. Gelegentlich war sie aufdringlich und voll, dann wieder totenstill und einsam. Man kann sich in der Masse verlieren, von ihr getragen werden oder untergehen.

Zehn Tage habe ich im Bollywood Indiens verbracht, den Kopf voll mit Eindrücken, und trotzdem nur einen Bruchteil des Mosaiks gesehen.
Es war ein kurzer Trip aber er hat gereicht um mich wieder in das Land zu verlieben und zu merken, wie viele Orte, Dinge und Menschen es hier gibt, die ich noch kennenlernen will. Ich wurde zwar eiskalt von meiner kleinen, exotischen Insel ins Wasser der Stadt gerissen aber Indien ist für mich wieder realer geworden.
Es ist unfassbar exotisch; ein Land voller Gegensätze, das nur schwer zu fassen ist. Der einzige Weg nicht unterzugehen besteht darin sich einzulassen. Und zwar komplett.

Denn trotz allem habe ich fast nur gutes gegeben bekommen: als ich im Goethe Institut nach dem Weg zu meinem Hostel fragte, wurde ich vom Securitymann ein paar Strassen weiter, bis fast vor die Tuer gebracht, sobald ich mich einmal orientierungslos umsah, wurde mir direkt geholfen und kaum einen Fuss in der Stadt, wollten mich schon vier Inder auf Tee, Kaffee, Chai, was auch immer einladen.