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Von Tod, Rauch und Sadhus – Varanasi

Unzählige Stufen ziehen sich am Rand des riesigen Flusses entlang. An manchen Stellen steigt dunkler Rauch auf und vermischt sich mit dem Smog der Millionenstadt, an anderen werden farbenfrohe Saris gewaschen, orangegewandete Sadhus sammeln sich zum Gebet. Sobald es dunkel wird treiben mit Blumen geschmückte Kerzen den Strom hinab, unzählige schimmernde Lichter im Ganges, die allabendliche Punja (Segnung) erleuchtend.

Varanasi

Varanasi ist wohl unumstritten die mit Abstand heiligste Stadt der Hindus. An dieser Stelle macht der Ganges einen Knick nach Norden, wodurch die Gläubigen ihr morgendliches Waschritual mit dem Gesicht zur aufgehenden Sonne zelebrieren können. Ein Bad in einem der giftigsten Flüsse der Welt, in dem neben Schadstoffen und Müll auch Leichen schwimmen. Allein der Anteil an Kolibakterien ist 3000 mal so hoch wie das in Europa erlaubte Maximum.
Davon jedoch unbeeindruckt nutzen die Inder den Ganges als zentrales Element ihres Lebens. Egal ob Geburt, Hochzeit oder Tod – jede Feier findet ihren Segen am heiligen Wasser. Sogar zum Zähne putzen wird die Giftbrühe benutzt.Boote im Ganges

Das wohl unvergesslichste Erlebnis Varanasis sind jedoch die Leichenverbrennungen entlang der Ghats (Stufen). Jeder Hindu der eines natürlichen Todes erlegen ist, und sich die 400 kg Holz leisten kann, wird den Flammen preisgegeben und erlangt damit das größtmögliche Glück im Jenseits.
Umgeben von unbekannten Schaulustigen werden die toten Körper aufwendig mit Blumen, Tüchern und Räucherstäbchen geschmückt, in den Ganges getaucht und anschließen, eingewickelt in weiße Leichentücher, verbrannt. Gierig züngeln die Flammen um den Körper und fressen sich nach und nach durch Haut, Fleisch, Muskeln und Knochen, bis sich ein ganzes Menschenleben in Asche verwandelt hat. Asche über dem Ganges.

Saris auf den GhatsBis zu 60 Tote werden jeden Tag auf die flackernden Scheiterhäufen geworfen. Einer neben dem Anderen, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Was für uns einer bizarren Zurschaustellung gleicht ist hier die größte Ehre und ausschließlich den höheren Kasten erlaubt.
Doch trotzdem wird die Verbrennung nicht gefeiert. Nur eine handvoll Männer steht bereit, Totenarbeiter, die Feuer schürend.

Der indische Umgang mit Tod und Vergänglichkeit widerspricht all unseren westlichen Idealen. Zwar ist die allumgebende Leichtigkeit des Themas bewundernswert, doch das Desinteresse an der Verbrennung von Familienmitgliedern und Freunden beleuchtet einen anderen Aspekt: Wie lässt sich der Wert eines Lebens einschätzen, dessen Tod niemanden kümmert? – die Kontraste könnten kaum größer sein.

Die versteckte Schönheit – Rajasthan

Rajasthan – der State der Farben, der alten Könige und der vielen Feste.
Rajasthan – Lebensort des Konservativen und der Wüste. Der Ort, an dem die Frauen ihre Gesichter hinter bunten Schleiern verstecken müssen, an dem Schönheit eine Sünde ist. Eine Gefahr für Inderinnen, lebend in eine sehr männlich dominierten Welt. Die vergangene Welt der Maharajas, deren Frauen ihnen in den Tod folgten, unterwürfig und ohne Rechte. Ein vergessener Handabdruck unter vielen.

 Rajasthan ist tough, besonders für alleinreisende Frauen. Doch trotzdem (oder gerade deshalb) führte mich meine einsame Reiseroute einen ganzen Monat lang mitten hindurch, durch diese faszinierende Ecke des Landes. Mit vollgepacktem Rucksack und den Erlebnissen aus Mysore noch im Nacken zog ich los um mehr von Indien, dem längst mein Herz gehört, zu erleben.

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Die Städte meiner Wahl klingen farbenfroh: Jaipur, die Pink City, Jodhpur, die Blue City, Jaisalmer, die Gold City nahe der Wüste, und Udaipur, die White City am See. Und tatsächlich sind sie beeindruckend: stolze Orte, die ihre Farben präsentieren wie Amerikaner ihre Flaggen.

Nur in Jaipur, dem ersten Stop, erinnert lediglich die blassrosa Bemalung der Old City an die ehemalige bonbonhaftigkeit der Stadt. Doch selbst diese steht im harten Kontrast zu dem aggressiven, lauten Lebensstil seiner Bewohner.  Die meisten Männer fühlen sich selbst unwiderstehlich und betatschen auch mal schnell. Frauen sieht man kaum – die hüten Haus und Kinder. Auf meinen eindringlichen Appell hin, doch bitte mehr für Frauenrechte zu kämpfen reagieren alle irritiert. War so, ist so und wird vermutlich auch erst mal so bleiben; wie das Uhrwerk eines alten Kirchturms zur Zeit von Digitaluhren.

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Jodhpur dagegen ist anders: ruhiger, blauer. Mein Silvester dort besteht aus antibiotikaverbotenem Alkohol und dem Sonnenaufgang des ersten Tages im neuen Jahr. Es passt zur blauen Idylle: der ruhige Sonnenaufgang über der aufwachenden See – unschuldig, ein Neuanfang.
Hoch über Jodhpur schwebend liegt der eigentliche Touristenreiz der Stadt: das Fort. Obgleich nicht blau ist es doch beeindruckend. Alt und ehrwürdig thront es über der Schlumpfstadt, ausgestattet mit einem Museum, Tempeln, einer unglaublichen Aussicht und dem Flying Fox, einer Seilbahnroute über Seen und Mauerteile, bei der man sich fühlt wie 007 höchstpersönlich.

Das Fort von Jaisalmer hingegen gleicht einer Sandburg. Menschen, Händler, Sadhus und Kühe, sie alle leben zusammen mit Touristen aus aller Welt innerhalb der goldschimmernden Mauern. Sie bilden eine buntgemixte Bevölkerung, gleich einem Basar: überall wird gehandelt und gefeilscht und letztendlich gekauft oder nicht. Es wimmelt nur so von zwielichtigen Gestalten, die ihre Waren auf mehr oder weniger legalem Weg durch ihre Hintertüren, in schmalen Gassen, verscherbeln.
Zwar ist Jaisalmer einer unglaublich fesselnde, muntere kleine Stadt, doch der wahre Reiz des Besuches liegt für die meisten Besucher in einer Desert Safari auf dem Rücken eines Kamels. Und wirklich ist eine solche Tour, trotz extremer Klimabedingungen und dem allgegenwärtigen Sand eine beeindruckende Erfahrung. Wie Samt legt sich der nächtliche Sternenhimmel über Geist und Seele, eine Wohltat nach dem heißen, schwankenden Ritt auf dem Wüstenschiff. 

Das Angebot eine zeitlang bei der Familie meines Wüstenbhaias (Hindi: Bruder) Abdullah zu leben muss ich schweren Herzens ablehnen aber mir gefällt die Idee dieses einfachen Lebens umgeben von Sand und Dürre. Nur ausgerichtet auf den nächsten Tag, ein Leben zum Überleben.
Denn die Menschen sind trotz allem stolz. Kleine Kinder, ohne jegliche Chance auf Bildung, kochen Reis, schleppen Feuerholz und wachen Wäsche ohne zu murren. Die Frauen sind anmutige, verschleierte Schönheiten, behängt mit Goldschmuck und aufwendig drapierten Frisuren, die Köpfe hoch erhoben. Ihre kleinen Dörfer wirken wie eine eigene Welt: abgeschirmt von Strom und Technologie, abgeschirmt von der Modernisierung.

Doch meine Reise zieht mich weiter nach Udaipur, in die Honeymoon City. Um zwei verbundene Seen gelegen erstrahlt die Stadt in weiß- und cremefarbenen Tönen, die allabendlich das Licht der untergehenden Sonne reflektieren. Umgeben von palastartigen Hotels und wahren Palästen auf der einen Seite und dem wuseligen Treiben verwinkelter Basare am Clock Tower auf der anderen, fällt es leicht in Udaipur stecken zu bleiben. Es ist calm, ruhig, freundlich und vor allem abwechslungsreich. Tausende von unendlichen Geschichten an einem Ort.

Rajasthan – ein State mit tausend Gesichtern und einer Kultur, die sich bei jeder Erdumdrehung wieder ein kleines bisschen verändert, nach vorne und nach hinten.

Die Schattenseite

Seit der schrecklichen Vergewaltigung der jungen Inderin im letzten Jahr gilt Indien für viele als gefährliches Reiseziel, ganz besonders für junge, alleinreisende Frauen. Da genau das aber auf mich zutrifft gab es vor meiner Abreise viele nervöse Kommentare und ganze Listen mit to do and don’t do von allen Seiten. Davon zwar eher unbeeindruckt doch mit Geschichten über Vergewaltigungen, Säureanschlägen und sexueller Belästigung im Kopf bin ich in dieses Land eingereist und war erst mal hin und weg davon, dass sich diese Vorurteile nicht zu bestätigen schienen. Zwar wurde ich angequatscht und –gestarrt, aber schlimmeres war noch nicht einmal in Sichtweite. Meine Seifenblase fing an in bunten Farben zu schimmern, ohne einen einzigen wahren Schatten auf der Oberfläche.
Doch dann kam Mysore.

Mysore

Wer den diversen Reiseführern in ihren Ausführungen über Mysore glaubt, der wird schnell enttäuscht. Dem ahnungslosen Touristen wird eine facettenreiche, schillernde Stadt dargestellt, prunkvoll gekleidet durch einen gewaltigen Palast und farbenfrohe Märkte. Ja, Mysore ist schön, doch bei weitem kein so besonderer Ort wie angepriesen und für mich wohl dauerhaft mit einem Schatten belegt.

An meinem ersten Morgen dort treffe ich Maddie. Maddie ist eine kleine, rothaarige New Yorkerin, etwa in meinem Alter und auch alleine unterwegs. Zusammen machen wir uns auf den Weg zur Mysoreerkundung: pilgern auf den Stufen vom Chapmundi Hill, sehen uns den Wohnort der Königsfamilie an und besuchen den großen Obst- und Gemüsemarkt.
Da Mysore berühmt ist für Seide und Räucherstäbchen machen wir uns auf den Weg zum Muslim Market, der das Handwerk des Räucherstäbchenrollens zeigt. Gemeinsam laufen wir eine Straße entlang: von Geschäften gesäumt und voll mit Menschen. Auf einmal höre ich ein krachen, Maddie schreit auf! Hinter uns steht ein alter, bärtiger Mann mit einem zerbrochenen Stück Holz in der Hand, das er Maddie grade auf den Kopf geschlagen hat und fängt an sie zu würgen. Unsere Köpfe sind leer, wir schreien. Verzweifelt versuche ich den Mann von ihr zu trennen und da kriegen wir Hilfe. Eine Gruppe indischer Männer reißt den Täter von ihr fort, entwaffnet ihn. Maddie ist bleich, überall ist Blut, tropft von ihrem Kopf auf ihr T-Shirt. Die Wunde ist etwa zehn Zentimeter lang und klaffend! In Ermangelung medizinischer Utensilien spülen wir sie mit Wasser aus und drücken meinen Schal darauf um den Blutverlust zu stoppen. Einer unserer Retter, Malik, fährt uns in wahnsinniger Geschwindigkeit zum Krankenhaus, direkt in die Notaufnahme. Drei Schwestern und ein Arzt kümmern sich um Maddies Kopf, der mit sieben Stichen genäht werden muss, während mir, immer noch unter Schock, Fragen gestellt werden. Die Polizei wird eingeschaltet, wobei herauskommt, dass der Mann nicht nur verrückt ist, sondern sogar ein Wiederholungstäter, der jagt auf Touristinnen macht. Die Polizei bricht ihm die Beine… Oh Indien!

Maddie geht es zwar schnell besser, doch der Gedanke daran, was hätte passieren können bleibt. In dem Brett war ein langer Nagel, der sie zum Glück nicht getroffen hat, sonst hätte das Ergebnis schlimmer ausgesehen.

Es war ein Schock aufzuwachen und zu merken, dass doch nicht alles so bunt und fröhlich und sicher ist wie gedacht. Und egal wie ich das Land jetzt ansehe: der Gedanke an die reelle Gefahr für junge, alleinreisende Frauen bleibt.

Lilli in Indien – Hinduhochzeit

Ehen in Indien sind ein heikles Thema. Wer über 25 ist und unverheiratet steht am Rande der Gesellschaft, mit dem ist irgendetwas nicht in Ordnung! Die Ehe sichert den sozialen Stand; ob sie arrangiert ist oder nicht spielt dabei keine Rolle. Hochzeit kommt vor Liebe, Gesellschaft vor Individuum. Entsprechend häufig wird hier also geheiratet.

Meine vierte indische Hochzeit, innerhalb von drei Monaten, war dann aber etwas ganz besonderes: eine hinduistische Doppelhochzeit! Die Cousins Naveen und Chetan wurden am selben Tag vermählt, Naveen heiratete seine Zukünftige, Deepa, sogar aus Liebe! Es muss ein harter Kampf gewesen sein, denn Deepa ist Brahmanin, Naveen nicht. Bewundernswert, wie sehr sie für ihr Glück gekämpft haben.
Mary erzählt mir später, wie sehr sie sich dafür einsetzte die Beiden zu verheiraten. Ich bin stolz auf meine Papinayakanahallier.

Das unter Ganeshas Segen stehende Verlobungsfest fängt am Vorabend der Hochzeit an. Als ich in Dharwad ankomme ist das Haus des Bräutigams schon voll mit Gästen in Kleidern, so bunt wie der Regenbogen. Schillernde Saris, Henna Bemalungen und leuchtende Farben wohin man schaut. Auch mir wird als Begrüßungsritual erst einmal die Hand bemalt, Blumen ranken sich um meine Finger. Ich bekomme klimpernde, grüne Armreifen an die Handgelenke geschoben und die Nägel der linken Hand mit pinkem Nagellack angemalt (die rechte eat hand wird nie bepinselt). Dabei stellen sich die Inderinnen jedoch furchtbar ungeschickt an: hochkonzentriert patschen sie mir die grelle Farbe an die Finger, schaffen es aber nie wirklich die Nägel zu treffen… Es sieht aus, als hätten Barbie und Lillifee einen Todeskampf auf meiner Hand ausgetragen! – Meine Finger sind grellrosa.

Passend dazu beschließen meine Kosmetikerinnen, bestehend aus ein paar Frauen, eine davon meine geliebte Poornima, mich in einen dunkelroten Sari zu stecken. Mein erster Sari! Etwas ratlos stehe ich vor der langen Stoffbahn, wie kann denn aus einem sechs Meter langem Tuch ein so elegant aussehendes Kleidungsstück werden? Weil ich leider keine Ahnung von wie, wo und warum habe, und außerdem meine Hennahand noch trocknen muss, werde ich kurzerhand in die Mitte des Zimmers verfrachtet. In Unterwäsche und die Hand nach oben gereckt fühle ich mich wie eine freizügige, indische Version der Freiheitsstatue. Von allen Seiten kommen die Hände: die einen wickeln mich fachmännisch in das indische Festkleid, andere machen mir die Haare und die letzten reiben mir Gesicht und Hals mit dem von Indern geliebten Talcum Powder ein und kleben mir einen glitzernden Bindi auf die Stirn. Stolz auf das Ergebnis wird mir noch eine Perlenkette umgehängt, durch die ich mich fühle wie das Arzttöchterchen vom Dienst, und alle zücken ihre Handys um Fotos zu machen.
Die Europäerin im schicken Sari – ich bin die Attraktion!

Den Anfang der Festivität macht dann eine zweifache Prozession zum Tempel. Eine Truppe von Musikern, bestehend aus zwei Trommlern, Trompete und Klarinette, spielt dazu bollywoodreife Märsche in Dauerschleife. Gebetet wird auf hinduistische Art: laut, bunt, chaotisch und unfassbar sympatisch!
Die zwei jungen Bräute scheinen zu strahlen.

Die Function an sich startet natürlich wieder mit einem Gebet. Es wird gesungen, mit Reis geworfen und alle bekommen einen roten Punkt auf die Stirn gedrückt und einen herzförmigen Schlüsselanhänger mit den Namen der Paare: Naveen weds Deepa, Chetan weds Rashmi.
Dann wird die Farbe ausgepackt! Erst werden nur den Verlobten Gesicht und Arme mit Safforn gelb bestrichen, doch dann geht es auch unter den Gästen rum und eine wilde Schlacht beginnt. Gelbgesichtig suche ich einen Englischsprecher um nach dem Sinn der Malerei zu fragen. Safforn ist gut für die Haut und soll so zeigen, dass nach der Hochzeit alles besser wird, sogar das Aussehen… Naja, meine Überzeugung hält sich in Grenzen.
Trotzdem ist es lustig mit einem Haufen gelb bemalter Inder zu tanzen. Ein Mädchen zieht mich nach vorne und wir drehen uns zur Musik der zwei Trommler. Armreifen klappern, Saris wehen und alle sind guter Dinge. Immer wieder werde ich in den Kreis der Tanzenden gezogen und präsentiere meine mäßigen indischen Tanzkünste…

Tempelkerzen

Zum Schlafen sind wir zu spät! Die wenigen Zimmer im Obergeschoss sind alle belegt, also breiten wir uns eine Decke aus – mitten im Festsaal. Geträumt wird in voller Montur, die Tasche als Kissen. Ungewohnt aber nicht schlimm.
Als ich mich in mein Tuch kuschele denke ich wie verrückt das auf Deutschen Hochzeiten wäre. Hier ist es vollkommen normal! Ich mag die Inder.
Als wir am nächsten Morgen aufwachen ist es noch dunkel, ich schätze es auf 5 am, doch um uns herum herrscht schon geschäftiges Treiben: der Saal wird gefegt, die Bühne geschmückt, Stühle gerichtet. Müde dackel ich hinter den anderen her zur morgendlichen Snana (Kannada: Dusche), in eine, ziemlich öffentliche, Toilette. Es ist so dreckig, dass sogar ich schlucken muss, aber das Wasser ist warm.

Zur Hochzeit werde ich von meinen Sarifreundinnen wieder in das lange Stück Stoff gewickelt. Heute ist es leider nicht mehr so lustig, alle müssen sich ein bisschen beeilen. Das heißt: Schlange stehen zum Spiegel gucken. Ich fühle mich trotzdem sehr festlich. Doch als ich die Brautpaare sehe verschlägt es mir den Atem: wunderschön! Mit Blumen im schwarzen Haar und glänzenden Saris betreten die Frauen die Bühne, die Verlobten folgen in Hemd und Männerrock, ganz in weiß. Zusammen mit ihren Familien sitzen die vier nebeneinander und werden, unter lautem Gebetsgesang, wieder mit Safforn eingerieben. Eine leuchtend gelbe Gruppe, da kann die Ehe ja nur noch gut werden.
Die Gästeschar folgt nach draußen, wo die Gelblinge in ein seilumspanntes Carre gesetzt und mit alle ihren Kleidern, eimerweise abgeduscht werden. Ein Shampoo geht herum. Auf die beste Idee kommt dann aber Pinkie, Naveens Schwester: sie nimmt sich den Gartenschlauch und spielt Dusche. Die Fotografen stürmen nach vorne!
Als die Farbe  halbwegs von den Körpern verschwunden ist geht es wieder zum Umziehen, nasse Saris bleiben auf dem Boden zurück.

Es folgt die zeremonielle Trauung. Wir beten, singen und werfen mit buntem Reis, die Paare gehen um zwei kleine Feuer. Zum Schluss werden die Ketten umgehängt, die in Indien den bei uns benutzten Hochzeitsring symbolisieren. Es ist eine gute Zeremonie, sehr indisch! Alles wirkt irgendwie unorganisiert und die Heiratenden werden von Kamerateams umstellt, dass sie kaum zu sehen sind. Trotzdem sind alle Gäste fröhlich, bedeutet es doch den Eintritt von vier Menschen in die Gesellschaft der Selbstständigkeit.

Die unvermeidliche Fotosession nach der Eheschließung dauert aufgrund der enormen Gästeanzahl ewig. Einige der Hochzeitsbesucher neben mir schlafen auf ihren Stühlen ein.

Nach alter Tradition werden unter den Frauen Saris verteilt. Auch ich bekomme einen: die hellblauen Blümchenvariante, mein erster eigener Sari! Jetzt muss ich wirklich das Einrollen lernen, bisher hatte ich ja erfahrenere Hilfe…
Endlich geht es auch für uns auf die Bühne. Bei den letzten, christlichen, Hochzeiten konnte ich mich immer am Rand der Gruppe verstecken, wollte nicht die unbekannte Europäerin auf den Fotos sein, aber keine Chance! Sofort werde ich von den Fotografen in die Mitte, zwischen die frischgebackenen Eheleute dirigiert, danach habe ich noch ein Einzelshooting mit ihnen… Alle Umstehenden zücken ihre Kameras. Mir kommt das ein wenig rassistisch vor, kennen sie doch nicht einmal meinen Namen aber für die Inder hier bin ich mit blonden Locken, heller Haut und Sommersprossen anscheinend wahnsinnig exotisch.
Die einzige Erklärung die ich dafür zu hören kriege: well, that’s India!

 

Lilli in Indien – Das Mumbai-Mosaik

von Stadtmenschen und Straßenkindern 

In Mumbai leben ungefähr 21 Millionen Menschen. Es ist eine riesige Stadt! Schillernd, facettenreich und durchzogen mit Kontrasten, die ganze Slums neben Luxushotels entstehen lassen. Die Menschen sehen aus als könnten sie sich nicht entscheiden, ob sie lieber das traditionelle Indien oder den modernen Westen wollen.

Doch für mich, die die letzten Monate in der tiefsten Provinz, in einem Dorf mit dem unaussprechlichen Namen Papinayakanahalli, verbracht hat, war es zu Anfang einfach nur eine gigantische Megacity. Ganz klein kam ich mir vor, zwischen Menschen, Taxis und Gebäuden, die schon beim Anschauen Geschichten erzählen von einer verfallenen, längst vergangenen Kolonialzeit.
Die Vorstellung ein kleiner, unbedeutender Neumumbaikaner zu werden, hat mir erst ein wenig Angst gemacht. Ich sah mich schon orientierungslos in der Megacity kollabieren.

Als die Briten im 17. Jahrhundert in den Besitz des, einst für handelsunpassend erklärten, Ortes kamen, machten sie dir Stadt kurzerhand zur Schutzfestung: eine Rettung vor Piraten, Plünderern und Dieben. Bombay Presidency wurde sie getauft und zog, aufgrund ihrer geschützten Lage zwischen Bergen und Meer, immer mehr Händler an.
Aus dem Zufluchtsörtchen Bombay Presidency wurde dann jedoch schnell die Handelsstadt Bombay, die sich 1981 wiederum in die Metropole Mumbai verwandelte, von der es heute heißt ihre Straßen seien mit Gold gepflastert. Jeden Tag kommen unzählige arbeitsuchende Ländler in die Millionencity, auf der Suche nach Glanz, Gold und Glück.

Zwar habe ich weder Gold noch Glanz gefunden aber rückblickend kann ich sagen, dass die Stadt, nachdem ich mich erst einmal grob zurechtgefunden hatte, unglaublich fesselnd ist. Jeden Tag zeigt sie sich von einer anderen Seite: bezaubernd und verstörend, indisch und westlich, arm und reich. Gelegentlich war sie aufdringlich und voll, dann wieder totenstill und einsam. Man kann sich in der Masse verlieren, von ihr getragen werden oder untergehen.

Zehn Tage habe ich im Bollywood Indiens verbracht, den Kopf voll mit Eindrücken, und trotzdem nur einen Bruchteil des Mosaiks gesehen.
Es war ein kurzer Trip aber er hat gereicht um mich wieder in das Land zu verlieben und zu merken, wie viele Orte, Dinge und Menschen es hier gibt, die ich noch kennenlernen will. Ich wurde zwar eiskalt von meiner kleinen, exotischen Insel ins Wasser der Stadt gerissen aber Indien ist für mich wieder realer geworden.
Es ist unfassbar exotisch; ein Land voller Gegensätze, das nur schwer zu fassen ist. Der einzige Weg nicht unterzugehen besteht darin sich einzulassen. Und zwar komplett.

Denn trotz allem habe ich fast nur gutes gegeben bekommen: als ich im Goethe Institut nach dem Weg zu meinem Hostel fragte, wurde ich vom Securitymann ein paar Strassen weiter, bis fast vor die Tuer gebracht, sobald ich mich einmal orientierungslos umsah, wurde mir direkt geholfen und kaum einen Fuss in der Stadt, wollten mich schon vier Inder auf Tee, Kaffee, Chai, was auch immer einladen.

Lilli in Indien – Karatemeister

Dass Indien in Asien liegt lässt sich leicht vergessen, sieht man doch weder Essstäbchen noch Hello Kitty an jeder Ecke. Der einzige offensichtliche Vergleich liegt in der gesamtasiatischen Begeisterung für Kampfsport: Karate ist überall!
Laut indischen Aussagen fördert Karate nicht nur Sportlichkeit und Gesundheit der Kinder, sondern auch ihre Disziplin und Ausdauer in der Schule und zu Hause. Grund genug sie täglich üben zu lassen.

Meine Ausbildung zum blackbelt Master hat angefangen. Morgens um 6:00 Uhr stehe ich müde und mit Augenringen bis zum Bauchnabel neben Chetan und blinzle einem höchst vitalen Riju entgegen. Der Drill fängt an!
Erst müssen wir uns verbeugen, vor dem imaginären Publikum, vor einander, vor dem Meister; Karate ist schließlich ein ehrenhafter Sport. Dann geht es los: Warm up! Schreit Riju und wir fangen an zu hüpfen, laufen auf der Stelle und machen Muskel- und Dehnübungen. Ich wünsche mich ins Bett zurück!

Nachdem wir ausreichend geschwitzt haben fängt der wirklich spaßige Teil der Veranstaltung an: in die Luft treten und schlagen und dabei laut schreien. Während mir, als Karatejunior, erst Grundschläge gezeigt werden, wie Upperpunch, Middlepunch, Lowerpunch macht Chetan, selber im zweiten schwarzen Gürtel, neben mir die wildesten Schlagabfolgen und Lufttritte. Als er sich schreiend durch die Luft dreht während ich nur mit einer Hand nach vorne boxe muss ich lachen und kriege einen verständnislosen Blick zugeworfen – Entschuldigung, ich bin Neuling!

Black Belt MasterJede Abfolge erfolgt in zehn Schritten, die gezählt werden von Itz bis Heiss, wobei das Heiss von allen mitgezischt wird.

Das Schattengeboxe endet etwa nach einer Stunde mit mäßigem Abgedehne und unzähligen weiteren Verbeugungen.
Am nächsten Morgen habe ich Muskelkater in der Hüfte.

Aber nicht nur wir bekommen Karatetraining. Zwei mal in der Woche, Mittwoch und Samstag, gibt es für alle Schüler der High School Gruppentraining auf dem Schulhof. Mädchen und Jungen aller Alters- und Talentstufen stehen nebeneinander, in ordentlichen Reihen, und werden vom Meister Riju verbessert und belehrt.
Sportunterricht für Karatefreiwillige.

Lilli in Indien – allein unter Indern

Mary und Veeranna haben gemerkt wie langweilig mir in den zweieinhalb Wochen Ferien geworden ist und nehmen mich spontan mit nach Bengalore, zum Passport renewal. Von dort aus geht es für den weiblichen Part der Gruppe weiter zu Marys Familie nach Kerala.

Mädchen  Bengalore

In die IT-Hauptstadt nehmen wir den Nachtbus, diesmal aber den indischen. Vorbei an Rucksacktouristen aus aller Welt, die müde auf ihren gefrierschrankklimatisierten, engen Bus warten und hinein in die indische Version. Ich bin restlos begeistert: viel Platz, rote Samtvorhänge um die Liegen und keine Insekten weit und breit!
Als wir nach acht Stunden Fahrt Morgens in Bengalore ankommen fühle ich mich trotzdem gerädert. Statt Schlaf gibt es Koffein und ein Tuk-Tuk zum Holy Cross Center im Osten der Stadt, Mary’s ehemaligem Ordenshaus. Nur Schwestern in apricot farbenen Saris weit und breit, ich bin die einzige ohne Kreuzkette…

Mit einer der hochreligiösen Frauen will Mary einen weiteren ehemaligen Arbeitsplatz besuchen: Das St. Marys Hospital in Malur. Ich bin Anhängsel und klettere gespannt mit in den Zug.
Der Trip gestaltet sich dann jedoch zu einer waren Odyssee, weil meine beiden Mitreisenden unter Gekicher und Geplapper in den falschen Zug gestiegen sind, Lilli hinterher. Von der, falschen, Yalahanka Station müssen wir mit Bus und Tuk-Tuk zurückpilgern und brauchen mehr als doppelt so lange für den Weg. Aber schön, ich seh so viel!

Auf dem Rückweg, diesmal im richtigen Zug, throne ich ganz oben auf der Gepäckablage und plaudere von da mit einer muslimischen Familie, die meine Schuhe toll finden. Im Laufe der Fahrt wird der Erzählkreis immer größer und als wir aussteigen winkt uns das ganze Abteil zu.

Auf nach Kerala

Unser Wohn- und Schlafplatz in Kerala ist historienverdächtig: Das Haus in dem Mary aufgewachsen ist, wo schon ihre Großeltern gelebt haben. Gut und gerne 100 Jahre hat das Gebäude auf dem Buckel.
Irgendwo im Nirgendwo, nahe dem Ort Neeloor, lebt jetzt Marys jüngster Bruder George mit Familie darin, seiner Frau Usha und den Kindern Justin und Jeslin.

Mary's birth place

Die Familie gefällt mir sofort! Obwohl Jeslin fünf Jahre jünger ist als ich beschlagnahmt sie die Neue direkt und schleppt mich, munter erzählend, durch Haus und Garten. Überall sind Gummibäume, es riecht nach Rauch und warmen Autoreifen, ein Hund bewacht bellend ein Tor. Justin zeigt mir das Geheimnis: Das Latex der Gummibäume wird geerntet es werden Gummiplatten daraus gemacht, die gewaschen und geräuchert werden müssen. Das wertvolle Gut wird von einem kleinen Kläffer scharf bewacht.

Das Einzige, das mir hier ganz und gar nicht gefällt ist das Schlafen. Überall im Haus krabbeln Käfer und Kakerlaken um die Wette und ständig werde ich aus den Ecken heraus von handtellergroßen Spinnen angestarrt. Jeslin lacht mich dann jedes Mal aus und erschlägt den Achtbeiner mit ihrem Schuh. Ich gewöhne mich an den Anblick.
In den ersten Nächten habe ich trotzdem Albträume von Insekteninvasionen und Killerspinnen, Käfer beißen mich in den Bauch.

Kerala ist wunderschön! Die Landschaft satt grün und hügelig, überall schmiegen sich Gummibaumplantagen an die Berghänge, ordentlich mit Zapfschüssel versehen.
Wir unternehmen einen langen Ausflug nach Munnar zu Marys Tante, die, inklusive Mann und Tochter, ein Hospital leitet. Am Liebsten würde ich ewig dort bleiben! Alle sprechen fließend Englisch, die Tochter Varsha ist so alt wie ich und ich kriege doch tatsächlich den ersten zuckerfreien Kaffee seit sechs Wochen zu trinken! Ich verspreche hoch und heilig wiederzukommen, Indianerehrenwort!

Auf dem Rückweg nach Neeloor besuchen wir sämtliche Geschwister und Verwandte in der Umgebung.

Ich bekomme so vieles zu sehen und zu erleben, meine Indien-Gedankenblase wird immer größer. Allein unter Indern – ich tauche ein.

Lilli in Indien – Hampi, Hospet, Papinayakanahalli

Frau in Hampi

Ich wollte schon immer nach Indien! Keine Ahnung wann das Angefangen hat aber dieses Land hat mich mit seiner Vielfalt, Spiritualität und Exotik schon immer begeistert. Schon als Kind stand ich mich großen Augen vor Landkarten und Fotobüchern.
Dieses Jahr war es dann endlich so weit: Die lange Schulzeit geht auf ihr Ende zu und meine Reise ins Land der heiligen Kühe in Planung. Zusammen mit Marie (Vorstandsvorsitzende Brücke der Menschlichkeit) sitze ich eine Woche nach meinem 19. Geburtstag im Flieger von Frankfurt über Delhi und Mumbai nach Bengalore, von wo aus wir zu dem Projekt gebracht werden.

Vor zwei Wochen bin ich jetzt an dem Ort angekommen, an dem ich für die nächsten Monate leben und arbeiten werde und habe die Menschen kennen gelernt, die diese Zeit mit mir verbringen.

Die St. Mary’s School in Papinayakanahalli ist, aus Platzgründen, in zwei Teile gegliedert: die Primary-School nahe dem Ortszentrum und die High-School, etwa zwei Kilometer davon entfernt, zwischen Hospet und Papinayakanahalli.
Die erste Sichtung der High-School zeigte ein Paradies mit einem hellblauen Schulgebäude, einem großen, roterdigen Schulhof und einer riesigen Gartenanlage im Anschluss, auf der Bananen, Chili, Kokosnuss, Mango, Papaya, Hirse, Artischocke, Tomaten und so viele tausende Kräuter angebaut werden, dass man damit die Hexenküchen der Welt auf ewig ausrüsten könnte. Aber auch das Gelände der Pre-Primary und Primary-School für den Kindergarten und die Klassen 1 bis 4 zaubert eine kleine Idylle!

Und mittendrin: Lilli, mit Dreiecksohrringen und Jutebeutel und wahnsinnig aufgeregt!
Die Schule, bestehend aus 500 Kindern aller Altersstufen, wird von Mary und Veernna geleitet, zwei offenen, herzensguten Menschen, die das Projekt vor Jahren mit Hildegard und Klaus Wansleben ins Leben gerufen haben. Während man Mary, besonders wegen ihrem kindlichen Kichern, auf den ersten Blick als das Herz und Veeranna als den Kopf der Schule ansehen könnte, zeigt sich aber bald, wie tough beide mit allen Arten von Problemen umgehen können: die Schule ist ihnen sehr wichtig!

In dem Projekthaus Arunodaya Poirada, in dem ich auch wohne, leben Mary selbst, Veerannas Sohn Certo, Mary’s Neffe und Karatemeister Riju, dessen Frau Diana, ihre dreijährige Tochter Ria und Sahana, ein zehnjähriges Mädchen, die Nichte von Veeranna, die mit sieben Monaten von ihren Eltern an der Schule abgesetzt wurde und die es faustdick hinter den Ohren hat. Sie ist der little Manager der Familie.
Veeranna lebt mit seiner Frau  und etwa 30 Internatskindern auf dem Paradiesgelände der High-School.

Sobald die Schulkinder aller Altersklassen ihre neue, blonde Lehrerin sehen, sind auf einmal alle ganz aufgeregt. Am Anfang haben sie immer nur gewunken und sich dann kichernd versteckt, wenn wir zurück gewunken haben aber dann wurden sie mutiger und haben schon angefangen auf ihrem brüchigen Englisch nach Namen, Vaternamen und Alter zu fragen, obwohl sie danach alles wieder vergessen.
Ansonsten funktioniert aber auch die Hand-Fuß-Kommunikation ganz gut und inzwischen wollen sie immer mit meinem goldenen Glitzerflummi spielen und deutsche Kinderlieder beigebracht bekommen. Wir sind aber noch nicht weiter gekommen als zum Froh zu sein von Froh zu sein bedarf es wenig

Schulkinder

Hampi

Hampi ist eine touristenbegehrte antike Tempelstadt unweit von Papinayakanahalli. Neben diversen Tempeln und anderen heiligen und königlichen Städten gibt es dort auch einen großen, berühmten Tempel, der dem Elefatengott Ganesha gewidmet ist. Ich liebe Elefanten! Also hatte ich mich eigentlich darauf gefreut aber sobald wir da waren, von einer Menge indischer Inlandtouristen verschluckt, ist mir zum ersten Mal aufgefallen, wie sehr man als blonde, hellhäutige Frau angestarrt wird! Das Schlimmste: selbst wenn ich bitterböse zurück

Hampi

geguckt habe, haben die Starrer nicht aufgehört! Einige haben sogar Fotos von uns gemacht, was mir dann ganz und gar nicht gepasst hat. Zum Glück hatten wir Schulleiter Veeranna als Begleitung dabei, der uns vor neugierigen Hobbyfotografen beschützt hat.

 

 

Hospet

Etwa 14 Kilometer von P.K. Halli, wie die Einheimischen, zu denen ich ja mittlerweile auch gehöre, es nennen, liegt das 200.000-Seelendorf Hospet. Hospet ist eine Stadt voller Gegensätze: auf der einen Straßenseite betteln verkrüppelte Kinder um ein paar Rupien, auf der Anderen werden riesige Plasmabildschirme verkauft. Wenn man sich jedoch traut und sich ein bisschen treiben lässt gelangt man schnell in schönere Ecken, in das Treiben bunter Märkte oder zu allerlei Vertretern der in Indien so beliebten Kioskkultur.

Am Samstag gab es in Hospet ein Karatetraining für angehende exersising Teacher, geleitet von Riju. Da habe ich dann das erste Mal gesehen, was es sonst nur in Comics gibt: ein Junge lag mit dem Rücken auf einem Nagelbrett, auf dem Bauch einen riesigen Stein, den dann ein anderer mit dem Hammer zerschlagen hat! Außerdem eine Reihe von Kerlen, die Dachziegel zerschlagen, zertreten oder mit dem Kopf zerstört haben. Warum zertreten die Inder Dachziegel, wenn sich halb Indien sein Haus mit Palmblättern deckt? – ein Land voller Gegensätze eben.

Ich bleibe weiterhin fasziniert von meiner Umgebung: von den bemalten Kühen mitten auf der Straße, den holprigen Straßen, die sich bei Regen in einen wahren Fluss verwandeln und von den verschiedenen Menschen, die ich hoffentlich noch besser kennenlernen werde.